Nebenwirkungen von Medikamenten versus TPS-Therapie
8. Oktober 2022
Medikamente - Nebenwirkungen vs Alzheimer-TPS-Therapie - Prof. Dr. Citak

Nebenwirkungen von Medikamenten vs. TPS-Therapie

Ärzte fordern verantwortungsvolleren Umgang mit Psychopharmaka bei Demenz-Erkrankten

Wie sicher ist die Transkranielle Pulsstimulation für an Alzheimer-Demenz, Parkinson und anderen neurodegenerativen Krankheiten leidenden Menschen? Dieser Frage gingen – wir berichteten bereits – Wiener Forschende der Medizinischen Universität Wien, Abteilung für Neurologie, im Rahmen der derzeit laufenden großen placebo-kontrollierten Studien zur Transkraniellen Pulsstimulation nach. Sonja Radjenovic et. al. publizierten ihre Ergebnisse jetzt in der renommierten Fachzeitschrift „Brain Sciences“. Fazit: Die Transkranielle Pulsstimulation ist eine sichere und gut verträgliche Therapie-Methode, die keine Nebenwirkungen hinterlässt.

Was wir im täglichen Einsatz der Transkraniellen Pulsstimulation in den Praxen erleben, wird nun auch immer mehr durch klinische Studien und deren Daten belegt: Die TPS ist eine effektive und sichere Behandlungsmethode, die für die Patient:innen – abgesehen vom hohen therapeutischen Nutzen – darüber hinaus fast immer angenehm und ohne Neben- und Nachwirkungen ist. Auch deshalb steht die Transkranielle Pulsstimulation für eine optimale Alternative, die auch dazu beitragen kann, Medikamentengaben, die meist mit starken und vielgestaltigen Nebenwirkungen einhergehen, künftig womöglich anders zu justieren.

Bei Demenz und Parkinson: Indikationsübergreifende Medikation heute leider noch Standard

Der heutige Standard, Menschen mit Alzheimer, anderen Demenz-Erkrankungen oder Parkinson zu behandeln, ist die medikamentöse Therapie. Antidementiva sollen den Krankheitsverlauf aufhalten und die kognitiven Fähigkeiten zumindest leicht verbessern können. Tatsächlich gehören Antidementiva zur Gruppe der Psychopharmaka, also Arzneimittel, die Stoffwechselvorgänge im Gehirn und im zentralen Nervensystem beeinflussen und die mentale Verfassung der Betroffenen verändern.

Hinzu kommen noch die Gruppe der sog. Neuroleptika, die zur Behandlung von Psychosen entwickelt wurden. Darunter fasst man psychischer Störungen zusammen, bei denen die Betroffenen die Realität verändert wahrnehmen oder verarbeiten. Neuroleptika sind also sind Antipsychotika,  die vor allem in Pflegeheimen bei Demenzpatienten sehr gerne verabreicht werden, um Aggressivität, Unruhe und Schlafstörungen entgegenzuwirken. Das Problem: Viele dieser Medikamente sind in bei der Indikation Demenz nicht zugelassen, werden aber dennoch eingesetzt. Zudem erhöhen sie die Sterblichkeit und fördern die Sturzneigung. Zwei Präparate aus dieser Gruppe, Risperidon und Haloperidol,  sind eingeschränkt zugelassen bei mittelschwerer bis schwerer Alzheimer-Demenz, allerdings nur, wenn eine sehr starke Streitlust und Aggressivität bestehen.

Dass Psychopharmaka oft unerwünschte, mitunter massive Nebenwirkungen haben können, ist allgemein bekannt. Psychopharmaka gehören mittlerweile zu den am häufigsten verordneten Medikamenten bei Demenz – zu häufig und zu viel in der Dosierung, wie Fachleute schon lange monieren und deshalb vor einem allzu leichtfertigen Einsatz warnen.

Memantin, Donepezil, Rivastigmin & Co. – Wissenschaftliche Datenlage unklar

Kurz vorangeschickt: Medikamente, die zur Beeinflussung des Krankheitsverlaufs bei Demenz-Erkrankten angewandt werden – die Situation bzgl. der Neuroleptika lassen wir hier außen vor, da diese eine eigene Abhandlung verdient  –  sind in zwei Gruppen aufgeteilt: Donepezil, Rivastigmin und Galantamin etwa gehören zu den Acetylcholinesterase-Hemmern, d. h. sie sollen die Wirkung des Enzyms „Acetylcholinesterase“ (AChE) hemmen. Bei Alzheimer-Demenz herrscht durch den Abbau der Nervenzellen ein Mangel des Botenstoffs Acetylcholin, den diese Medikament ausgleichen sollen.

Memantin wiederum wird den zentral angreifenden Muskelrelaxanzien (sie setzen den Muskeltonus herab) zugerechnet und ist ein sog. „NMDA-Rezeptor-Antagonist“ bzw. „Glutamat-Antagonist“. Da auch eine überhöhte Konzentration an Glutamat im Gehirn für das Absterben von Nervenzellen verantwortlich ist, soll Memantin u. a.  die Übererregung der Nervenzellen im Gehirn dämpfen.

All diese Wirkstoffe sind pharmakologisch erprobt und für bestimmte Indikationen zugelassen, wobei die Grenzen in der Anwendung fließend sind. Ihre Wirkungen im Bereich Demenz oder auch Parkinson sind jedoch nicht eindeutig wissenschaftlich belegt. Die Studienlage zu Memantin beispielsweise ist recht dünn. Die meisten Aussagen beschränken sich maximal auf einen sechsmonatigen Behandlungszeitraum, innerhalb dessen bei einem von zehn Probanden (!) ein verzögerter Abbau der geistigen Leistungsfähigkeit festgestellt wurde. Es gibt keine wissenschaftlichen Belege, dass Patientinnen und Patienten mit einer mittelschweren oder schweren Alzheimer-Demenz von Medikamenten profitieren, die den Wirkstoff Memantin enthalten, kam das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) in einem Abschlussbericht im Jahre 2009 zu seiner finalen Einschätzung. Seither haben sich in der Forschung zu Memantin keine eklatanten neue Erkenntnisse ergeben.

Wirkung und Nebenwirkungen: Mehr Schaden als Nutzen?

Ob die vorgenannten Wirkstoffe den Verlauf einer Alzheimer-Demenz- oder einer Parkinson-Krankheit über Monate oder gar ein Jahr aufhalten können, ist nicht eindeutig festzumachen und ob sie die Lebensqualität verbessern, psychische Begleitsymptome wie Depressionen oder Angstzustände lindern oder den Zeitpunkt verzögern können, ab dem eine vollstationäre Pflege (also die Pflege in einem Heim) nötig wird, ist nicht geklärt bzw. erwiesen.

Die Daten zu den Nebenwirkungen allerdings sind deutlich: Die am häufigsten „aufgetretenen unerwünschten Arzneimittelwirkungen“ bei Memantin sind Schwindel, Kopfschmerzen, Verstopfung, Schläfrigkeit und erhöhter Blutdruck. Bei Donepezil, Rivastigmin und Galantamin können ebenfalls Nebenwirkungen wie Übelkeit, Erbrechen und Schwindel auftreten. Sie treten umso häufiger auf, je höher die Dosis ist. So wird – je nach Wirkstoff – etwa ein bis drei von 10 Menschen von den Mitteln schlecht oder sie bekommen Durchfall. Hinzu kommen Nebenwirkungen wie Herzrhythmusstörungen, Herzinfarkte, Erregungszustände, Halluzinationen, Muskelzittern, Gang- und Sprachstörungen sowie Schlaganfälle. Vermehrte Todesfälle im Rahmen von Studien kamen ebenfalls vor.

Wohl auch deshalb darf z. B. Risperidon laut Arzneimittel-Zulassungsbehörde nur dann eingesetzt werden, wenn nicht-medikamentöse Therapien nicht gewirkt haben und wenn die Erkrankten sich selbst oder andere gefährden könnten.

40% aller Demenz-Betroffenen erhalten Antidementiva und Antipsychotika

Viele Fachleute halten den Einsatz von Psychopharmaka bei neurodegenerativen Erkrankungen für hochbedenklich. In einem aktuellen Interview vom 26. September 2022 sprach die Zeitschrift „Apotheken Umschau“ mit der Psychiaterin Dr. Sarah Kohl vom Münchner Klinikum rechts der Isar über den Einsatz von beruhigenden Psychopharmaka bei Demenz. Dr. Kohl hält dieses Vorgehen für bedenklich und will den Einsatz von beruhigenden bzw. sedierenden Psychopharmaka bei Menschen mit Demenz reduzieren. Im Interview fasst sie die aktuelle Lage zusammen und plädiert für den verantwortungsvolleren und bewussteren Umgang mit Psychopharmaka bei Menschen mit Demenz: https://www.apotheken-umschau.de/pflege/pflegetipps/psychopharmaka-bei-demenz-dauerhafte-gabe-ist-ein-problem-898291.html

Transkranielle Pulsstimulation: Klar wirksam und letztlich nebenwirkungsfrei.

Demgegenüber steht die Transkranielle Pulsstimulation als wissenschaftlich immer besser geprüftes und untersuchtes Behandlungsverfahren: Die niedrigfrequenten Stoßwellen-Pulse infiltrieren den menschlichen Organismus nicht wie medikamentöse Mittel, die alle Stoffwechselabläufe im Körper in vielerlei Hinsicht beeinflussen können – unerwünschte Veränderungen im Metabolismus eingeschlossen.

Stattdessen aktiviert und fördert die TPS  die Regenerationsfähigkeit des Gehirns und ist somit ein rein unterstützendes Verfahren für körpereigene Regulierungsprozesse. Dies konnten Forschende der Medizinischen Universität Wien zwischenzeitlich nachweisen und bestätigen so die mittlerweile tausendfachen Erfahrungen aus den mit der TPS arbeitenden Kliniken und Praxen, bei denen weder durch die Ärzt:innen noch durch die Betroffenen oder deren Angehörige kaum je sehr kurzzeitige leichte Kopfschmerzen oder kurzer Schwindel festgestellt wurden (siehe hierzu auch: https://www.alzheimer-deutschland.de/aktuelles/kurzmeldungen/neue-daten-tps-therapie-sicher-gut-vertraeglich ).

Dabei ist die Transkranielle Pulsstimulation eine additive Behandlungsform, die ergo als ergänzende Maßnahme zur bestehenden Medikation der Patient:innen eingesetzt wird. Damit die Betroffenen maximal von allen zur Verfügung stehenden medizinischen Möglichkeiten profitieren können, wäre es wünschenswert, wenn besondere Sorgsamkeit bei der Wahl und Dosis der Medikation erfolgen und die TPS immerhin als ergänzende Therapie-Option hinzugezogen würde.

Quellen:

https://www.apotheken-umschau.de/pflege/pflegetipps/psychopharmaka-bei-demenz-dauerhafte-gabe-ist-ein-problem-898291.html

https://dgn.org/presse/pressemitteilungen/positive-studie-zu-neuem-alzheimer-medikament-vor-publikation-der-daten-ist-jedoch-keine-serioese-einordnung-moeglich/

https://www.iqwig.de/presse/pressemitteilungen/pressemitteilungen-detailseite_10949.html

https://www.stiftung-gesundheitswissen.de/wissen/alzheimer-demenz/welchen-nutzen-und-schaden-hat-risperidon

https://www.medical-tribune.de/medizin-und-forschung/artikel/kombinationstherapie-gegen-alzheimer-eher-enttaeuschend

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